Noch vor wenigen Jahren, konnten sich die meisten Arbeitgeber, aus einer Vielzahl von Bewerbern die entsprechenden Fachkräfte aussuchen, die ihrer Meinung nach, am besten in das Unternehmen passen würden. Hier machten Ärzte keine Ausnahme.

Heute hat sich das Bild gewendet und gutes Personal für Schlüssel- oder Engpassfunktionen ist nur schwierig zu finden. Nicht selten suchen sich Bewerber das Unternehmen aus, das ihrer Vorstellung von Familienvereinbarkeit, Work-Life Balance und Arbeitsumfang am meisten zusagt. Dabei deuten die meisten Prognosen und auch demografische Entwicklungen daraufhin, dass wir erst am Anfang dieser Entwicklung stehen und in den nächsten Jahren mit einer zunehmenden Verknappung von Fachkräften rechnen müssen. Es wird daher immer deutlicher, dass Unternehmen ihre Vorzüge in die Arbeitswelt kommunizieren und sich entsprechend am Markt positionieren müssen.
Auch das Gesundheitswesen bleibt von diesen Tendenzen nicht verschont und schon heute wird es in vielen Bereichen immer schwieriger, Stellen zu  besetzen. Als Konsequenz müssen große Anstrengungen unternommen werden, um Personal zu beschaffen, es langfristig zu binden und Abgänge adäquat zu ersetzen.

Das Recruiting von medizinischen Fachangestellten und Ärzten gewinnt immer mehr an Relevanz und zeichnet sich heute als strategischer Erfolgsfaktor aus.

Der Überhang an Stellenangeboten verschafft der sich jetzt bewerbenden Generation Y/Z eine neue Rolle im Arbeitsmarkt, die es ihnen ermöglicht, persönliche Präferenzen in die Auswahl des
Arbeitsplatzes mit einzubeziehen. Neue Studien zu dem Thema belegen, dass von Seiten der Arbeitgeber monetäre Anreizsysteme, eine zu große Rolle in der Mitarbeitergewinnung beigemessen werden.

Forderungen wie die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, mit einer starken Verlagerung in Richtung der Familie und guter Arbeits- und Weiterbildungsmöglichkeiten, stehen heute im Fokus
der Bewerberinnen und Bewerber. Die Vergütung verliert damit Ihre Leitfunktion und soziale Faktoren werden zu entscheidungsrelevanten Faktoren.

Doch wie lässt sich für Sie als Arzt ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil schaffen, sodass Sie auch weiterhin erfolgreich am Arbeitsmarkt agieren können und hat dieser Wandel auch Vorteile für Arbeitgeber?

Diese Fragen sind in diesem spannenden und sich ständig neu erfindenden Forschungsfeld nicht pauschal zu beantworten. Festhalten lassen sich allerdings allgemeine Parameter, die dem heutigen Stand der Wissenschaft entsprechen. Diese Differenzierungsfaktoren lassen sich in endogene und exogene Kriterien aufteilen:

Endogene Faktoren

  • Job Charakteristika
  • Authentizität und Glaubwürdigkeit
  • Verdienst- und Karrieremöglichkeiten
  • Unternehmenskultur
  • Kollegiales Miteinander/ Zusammenarbeit
  • Wertschätzung und Anerkennung

Exogene Faktoren

  • Wirtschaftslage
  • Aktivitätsniveau der Wettbewerber
  • Qualität der Kontrahenten
  • Reputation und Image Standortattraktivität
  • Größe und finanzieller Erfolg des Unternehmens
  • Branchenattraktivität
  • Einfluss von Peergroup und Medien

Wo können Sie also ansetzen?

Es gibt viele Ansätze, doch ist eines maßgeblich. Eine gelungenes und funktionierendes Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnis baut auf einer ganzheitlichen und langfristig ausgelegten
Arbeitgebermarkenstrategie auf.

An erster Stelle sollte der aktuelle Status-Quo festgestellt werden. Hierzu sind folgende Fragen relevant:

  • Wie werde ich als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt bei meinen Bewerbern wahrgenommen?
  • Wie nehmen mich meine Mitarbeiter war und habe ich eine offene Kommunikationskultur, sodass auch Beschwerden und Anmerkungen an die verantwortlichen Entscheidungsträger herangetragen wird?
  • Gibt es aktuell oder gab es Problemstellungen, die sich auf die Wahrnehmung des Arbeitsplatzes ausgewirkt haben?
  • Welche Verbesserungsvorschläge würden sich Ihre Mitarbeiter und Bewerber wünschen?

Sobald sich ein erstes Resümee festigt sind Sie gefragt!
Nun heißt es gemeinsam mit einem Berater oder alleine einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, ihn zu kommunizieren und umzusetzen. Die stetige Kontrolle und revolvierende Nachjustierung ist hierbei unabdingbar, denn auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter verändern sich.

Umsetzungsbeispiel in einer Gemeinschaftspraxis mit 10 Angestellten:

Gemeinsam mit Wissenschaftlern wurden in zwei Halbtages-Workshops die Bedürfnisse und Wünsche der Arbeitnehmer aufgenommen, analysiert und in einen mit den Arbeitgebern
abgestimmten Maßnahmenkatalog übertragen.

Dieser individuelle Plan baut auf drei Säulen auf, die sich wie folgt zusammensetzen:
Im Bereich der Prozessoptimierung wurden innerbetriebliche Abläufe und strukturelle Probleme genauer beleuchtet. Hierbei wurden unter anderem die Erstellung der Arbeitspläne, sowie die
innerbetriebliche Kommunikation von Anweisungen neu strukturiert.

Die zweite Säule umfasste eine genaue Lokalisierung der Unternehmenskultur und des Leitbildes, dass die Mitarbeiter und Ärzte nach außen und innen leben möchten. Im Anschluss hieran wurde ein Marketingprojekt initiiert indem die Website, eine App, Logos und Werbemittel neu konzipiert und zielgruppenspezifisch distribuiert wurden.

Im Anschluss ging es uns um die Herausstellung des wichtigsten Assets, dass die Organisation sein
Eigen nennt. Das gebündelte fachliche Knowhow, dass Ärzte und medizinische Fachangestellte mit in die Praxis gebracht, spezifiziert und weiterentwickelt haben, ist etwas, dass man im Bereich
Markenerstellung und -entwicklung Unique-Selling-Proposition nennt. Um dieses Engagement zu honorieren und Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden haben wir im Bereich
Betriebliche Gesundheits Förderung eine Kooperation mit lokalen Anbietern angeregt, sowie im Bereich Arbeitsorganisation, Gesundheitskurse angeboten, die über die richtige Haltung und die
häufigsten Gesundheitsfehler am Arbeitsplatz aufklären.

Zusätzlich wird den Angestellten ein Servicepaket an die Hand gegeben, aus dem Sie schöpfen können. In diesem Beispiel wird eine durch den Arbeitgeber geförderte bKV und BAV Kombilösung
angeboten.

Arbeitnehmer erhalten steuerl. Geförderte zusätzliche Beiträge im Bereich der Entgeltumwandlung in ihre betriebliche Altersvorsorge (Leitend und nicht leitend wird in der Versorgungsform zwar
unterschieden aber gefördert werden beide) eingezahlt und für die medizinischen Fachangestellten wurde eine betriebliche Krankenzusatzversicherung ermöglicht, durch die die Angestellten
exemplarisch eine Absicherung im Bereich Zahnzusatz, Sehhilfen und Auslandsreisen angeboten, die durch den Arbeitgeber finanziert werden.

Eine Übersicht mit beispielhaften monatl. Bruttoaufwänden pro Angestellten finden Sie hier:
Auffällig ist hierbei das sehr ausgewogene Verhältnis von Aufwand und Ertrag. Ein geringer monatl. Betrag kann an dieser Stelle schon einen deutlichen Mehrwert bieten und
Angestellten eine Form der Anerkennung bieten, die sie und ihre Arbeit oftmals nicht erhalten.

Abschließend ist festzuhalten, dass wir einmal im Jahr die Maßnahmen kontrollieren und anpassen werden, denn wie eingangs geschrieben, ändern sich die Ansprüche und
Problemstellungen. Hier sollte ein revolvierender Prozess eingeführt werden, der kontinuierlich den Maßnahmenkatalog hinterfragt.

Ich hoffe wir konnten Ihnen einen kleinen Einblick in dieses sehr spannende Thema geben und vielleicht den ein oder anderen Denkanstoß setzen. Gerne kann ich zu dem Thema auch
weitere Informationen, Literaturtipps oder Verweise zu den genannten Studien nennen. Sprechen Sie mich einfach darauf an.