Mit Anfang 60 in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, ist für viele aufgrund steigender Kosten, geringerer Margen und Nachbesetzungsproblemen zur Utopie geworden. Natürlich kann es auch andere Gründe geben, wie sich der Gesundheit der Patienten verschrieben zu haben oder einen nie abflachenden Berufsethos.
Die Argumente unterscheiden sich dahingehend, dass die zweiten Gründe freiwillige Kriterien sind. Diese Freiheit zu bewahren ist das ausschlaggebende Kriterium, um das es in diesem Artikel gehen soll.
Die Flexibilität, wählen zu können, ob man einen frühen Ruhestand genießen möchte, um sich anderen Aufgaben zu widmen, oder freiwillig im Dienste der Patienten weiter fleißig bohren will, bedarf einer umfangreichen Vorbereitung.
Zum einen ändern sich die Lebensumstände, und die ursprüngliche Planung ist fortlaufend zu hinterfragen. Angefangen bei der Praxisfinanzierung, über Investitionsentscheidungen bis hin zur Absicherung.
Hatten Sie ursprünglich vor, in frühen Jahren das Rentenalter zu genießen und haben Sie daraufhin das Absicherungskonzept mit Hinblick auf ein Endalter von 60 oder 62 Jahren gestaltet, sind diese Verträge frühzeitig anzupassen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Endalter 60 oder 62 kann von den Beiträgen her sehr preiswert erscheinen, doch sollten Sie sich vor Augen führen, dass das Risiko, in dieser Zeit berufsunfähig zu werden, eklatant steigt. Ähnliches gilt für das Krankentagegeld, Unfallversicherungen, Risiko-Lebensversicherungen u.v.m.
Leicht höhere Beiträge in Kauf zu nehmen und sich damit die berufliche Freiheit zu bewahren, scheint hier naheliegend. Doch Vorsicht! Ganz so einfach ist es nicht.
Leicht höhere Versicherungsbeiträge machen auf die Gesamtkostenstruktur der Praxis keinen großen Einfluss und sind daher kostenseitig zu vernachlässigen.
Viel wichtiger ist es, das Kleingedruckte zu verstehen und im Hinterkopf zu haben.
Ein Beispiel:
Planen oder beziehen Sie bereits eine Altersrente vom Versorgungswerk (auch vorgezogen, z.B. mit 62 Jahren), führt das bei vielen Krankentagegeldanbietern zur Kündigung der Krankentagegeldversicherung.
Ihr Krankentagegeldanspruch entfällt, auch sollten Sie weiterhin Beiträge zahlen.
Im Weiteren sollte geschaut werden, inwieweit Options- oder Wahlrechte in Ihren bestehenden Versicherungen bestehen, bevor neue abgeschlossen werden. Häufig werden von Seiten der Versicherer beim Versicherungsabschluss Optionsrechte mit eingeschlossen, die Sie im Laufe der Jahre nicht immer noch präsent vor Augen haben.
Sofern hier alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann man heute viele alternative Absicherungsmöglichkeiten durchdenken und abwägen, welche für die individuelle Situation Sinn ergeben.
Ob eine Dread-Disease-Police, die eine Einmalzahlung bei schwerer Erkrankung vorsieht, oder eine Lebensversicherung mit Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit – hier sind viele Ideen denkbar. Es kommt aber vor allem auf die individuelle Krankenakte und den entsprechenden Kapitaldienst bzw. -puffer an.
Festhalten lässt sich, dass Ihre Absicherungsmodelle von vor 10 oder 15 Jahren auf den Prüfstand gehören. Mit einigen Anpassungen lassen sie sich auf die heutige Situation umstellen. Doch sollten Sie nicht damit warten, bis Sie erste Überlegungen zur Praxisnachfolge anstellen. In diesem Fall verschließt häufig die finanzielle und gesundheitliche Situation die Freiheit und Flexibilität, frühzeitig über einen Renteneintritt nachzudenken.
Wichtige Fragen, die Sie sich stellen sollten:
- Ist mein Krankentagegeld ausreichend?
- Entfällt mein Krankentagegeld im Leistungsfall mit vorzeitigen Rentenbezügen?
- Kann ich mein Krankentagegeld über das 65. Lebensjahr hinaus verlängern?
- Ist meine Berufsunfähigkeit langfristig bis Endalter 67 abgesichert?
- Sind meine finanziellen Verpflichtungen mit Renteneintritt abgegolten und sind etwaige Verbindlichkeiten/Darlehen im Todes-, Krankheits- und BU-Fall abgesichert?
- Wie sieht die eigene Altersvorsorge neben der Zahnärzteversorgung aus? Kann der Wert meiner Praxis hier hinzugezählt werden und welcher Preis ist realistisch?
- Wie hoch ist mein Kapitalbedarf im Rentenalter?
- Kann ich mir meinen Lebensstandard im Alter noch leisten?
Diese Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, kann aber als Denkanstoß verstanden werden, die eigene Situation objektiv einzuschätzen.