Etwa 20 – 30% der human- und zahnmedizinischen Studierenden haben einen familiären medizinischen Hintergrund und überlegen, auf kurz oder lang in die familiäre Praxis einzusteigen oder diese zu übernehmen.
Das wirft viele emotionale Fragen auf und viel zu häufig wird der Fokus nicht auf die betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Auswirkungen sowie Chancen des Praxiseinstiegs oder -erwerbs gelegt. Eines wird im Beratungsalltag deutlich: Ein zweiter oder auch dritter Blick lohnen sich allerdings sehr!
Der Praxisverkauf innerhalb der eigenen Familie spielt zu selten eine Rolle und oft wird die Praxis an den Nachwuchs verschenkt. Doch Vorsicht: Die gut gemeinte Zuwendung ist keine reine Familiensache, denn sie kann zu Schenkungssteuer führen und lässt Steuervorteile hingegen links liegen.
Alternativ führt der Verkauf an den Nachwuchs oder engen Verwandten oft zu einem unangenehmen Gefühl, da die abgebende Generation den Nachkommen die finanzielle Last nicht auferlegen will und es eher um den Fortbestand der Praxis, die Versorgung der Patienten und vor allem den möglichst einfachen Einstieg in die Selbständigkeit gehen soll.
Finanzielle Aspekte rücken dabei in den Hintergrund, vor allem wenn sie im ersten Augenblick einen bitteren Beigeschmack haben. Rational betrachtet ist dies in den meisten Fällen jedoch nicht der beste Weg, wie folgendes Beispiel zeigt.
Dr. Müller (66 Jahre, niedergelassener Zahnarzt in eigener Praxis mit 17 Mitarbeitern, Wert der Praxis = 600.000 €) möchte seiner Tochter Lea Müller die Praxis vermachen. Der Freibetrag für Schenkungen beträgt zwischen Vater und Tochter grundsätzlich 400.000 €, allerdings werden Unternehmen noch einmal besonders von der Schenkungsteuer befreit. Im Schenkungsfall erhält Dr. Müller durch die Abgabe der Praxis keinen Cent und seine Tochter muss zur Vermeidung von Schenkungssteuer die Lohnsummen über die nächsten fünf Jahre auf insgesamt 400 % aufrechterhalten. Einfach gesagt müssen 80% der jährlichen Gehälter aufrechterhalten werden und das über die folgenden fünf Jahre, damit die Praxis keine Schenkungssteuer verursacht.
Planung, Restrukturierung entsprechend der Vorstellungen der Nachfolger, flexible Arbeitszeitmodelle, digitale schlankere Prozesse etc. unterliegen somit in den folgenden Jahren immer der steuerrechtlichen Determinante „Lohnsummen“. Aus dem Geschenk wird trotz bester Absichten im schlimmsten Fall eine Last, die, sofern die Vorgaben der Lohnsummenregelung nicht erfüllt werden, auf mittelfristige Sicht zu einer erheblichen Schenkungssteuerzahlung führen kann.
Verkauf an die Tochter spart 150.000 Euro
Dr. Müller verkauft seine Praxis an seine Tochter. Aufgrund seines Alters hat er die Möglichkeit den Verkaufserlös steuerbegünstigt mit dem halben Durchschnittssteuersatz zu versteuern.
Unter der Annahme, dass alle Praxisgeräte schon voll abgeschrieben sind, folgt hieraus eine Steuerbelastung von rund 150.000.- € für die abgebende Generation (Dr. Müller). Im Gegenzug kann Lea den kompletten Kaufpreis über die nächsten Jahre steuerlich absetzen. Das führt bei ihr zu einer Steuerentlastung von ca. 300.000.- € für den kompletten Kaufpreis der Praxis.
Unterm Strich bleiben vereinfacht rund 150.000.- € „Gewinn“ in der Familienkasse und es besteht kein steuerrechtlicher Druck über den Erhalt der Lohnsummen und der Praxis.
Doch wie finanziert die nachfolgende Generation möglichst schenkungssteuerfrei, ohne eigene finanzielle Mittel aufzuwenden, den Kaufpreis der Praxis?
Damit Lea den Kaufpreis ohne Lottogewinn finanzieren kann, müssen wir allerdings etwas um die Ecke denken. Denn auch wenn Dr. Müller seiner Tochter das Geld schenkt, sind die Freibeträge in der Schenkungssteuer aufgebraucht und das ganze Konstrukt lohnt sich nicht, weil Schenkungssteuer fällig wird. Also müssen die liquiden Mittel aus einer anderen Quelle stammen.
Der Plan:
- Der Kaufpreis wird von Lea bei einer Bank finanziert, sprich die Nachfolgerin (Lea) nimmt ein Darlehen über 600.000.- € auf, dass Sie in den nächsten Jahren zurückführt.
- Der Verkaufserlös, den der Vater erhält, wird in eine Rentenpolice, mit sofort beginnender Rente eingezahlt.
- Die Rentenpolice wird auf die Tochter übertragen und hierdurch entstehen zwar schenkungssteuerrelevante Einnahmen, allerdings fallen die bei der Übertragung einer Rente niedriger aus und belaufen sich auf ca. 1/3 der ursprünglichen Summe, also rund 200.000 €. Damit bleibt sogar noch Puffer für weitere Schenkungen.
- Die sofort beginnende Rente wird genutzt, um die Zinsen + Tilgung des Praxisdarlehens zu zahlen.
Fazit:
Mit ein bisschen Geschick, dem Zusammenwirken einer Bank, eines kompetenten Steuer- und eines Finanzberaters/ Versicherungsmaklers, kann man Verpflichtungen in der Nachfolge senken, monetäre Anreize schaffen und mehr als einmal mit der ganzen Familie in den Urlaub fahren.
Es ist aber Vorsicht geboten, denn dieses Modell erfordert Fachwissen und Erfahrung in der Umsetzung, damit falsches Vorgehen nicht zu unvorhergesehenen Steuern, Tilgungen oder anderen Belastungen führt. Vertrauen Sie hier auf Spezialisten!