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In der vorletzten Ausgabe der „Wir in der Praxis“ wurden Sie gefragt, welche Knackpunkte und Fehlerquellen Sie im Praxismanagement sehen. Dank Ihrer zahlreichen Teilnahme sind sehr interessante Ergebnisse zutage gekommen und eines kurz vorab: So individuell die meisten Praxen auch sind, die Probleme im Praxisalltag sind in vielen Praxen die gleichen.

Positiv fällt auf, dass sich die meisten Praxen der zunehmenden Digitalisierung nicht verschließen und Sie den Fortschritt und die Etablierung digitaler Helferlein im Praxisalltag nutzen. Dieses Bild war von ein paar Jahren noch komplett anders. Interessant dabei ist, dass Sie jedoch die Umsetzung digitaler Arbeitsweisen und die Integration solcher Systeme für den entscheidenden Knackpunkt halten.

Hier seien Sie aber unbesorgt. Ihnen geht es so wie vielen Branchen, vor vielen Jahren.

Neben der Umsetzung der Digitalisierung hat die Umfrage vier weitere Faktoren ans Tageslicht gebracht, die sich als Ärgernis im Praxisalltag darstellen:

  1. Fehlende Integration digitaler Technik in den Praxisalltag (inkl. Schulungen)
  2. Kommunikation und Verantwortlichkeiten
  3. Arbeitsabläufe und deren Koordination
  4. Zeitmanagement
  5. Patientenverhalten

Um den Ergebnissen der Umfrage gerecht zu werden, bedarf es augenscheinlich mehr als diesen kurzen Artikel. Einige Denkanstöße sollten wir uns allerdings genauer anschauen.

Was ist eigentlich digitales Arbeiten?

Digitales Arbeiten bezeichnet die Unterstützung, Automatisierung und Erleichterung täglicher Arbeitsprozesse durch digitale Unterstützung. Doch nicht selten passiert es, dass zum einen Mitarbeiter nicht richtig geschult oder bei der Implementation in Arbeitsabläufe nicht unterstützt werden. Hierdurch werden viele Arbeitsschritte häufig weiterhin doppelt erledigt, da Programme meist für die breite Masse aber selten für die individuellen Ansprüche einer einzelnen Praxis entworfen werden. Zum anderen muss auch jeder wissen, wie die Programme funktionieren und es muss Rücksicht genommen werden auf ältere Kollegen, Kolleginnen, Vorgesetzte und Ärzte/-innen.

Wie funktioniert dies im Arbeitsalltag?

Hier ist es wichtig, dass alle in einer Praxis an einem Strang ziehen. An dieser Stelle merkt man, dass sich die fünf einzelnen Themenfelder nicht isoliert betrachten lassen, vieles ineinandergreift und das eine oder andere vielleicht auch Symptome eines viel tiefer sitzenden Problems darstellt.

Die Grundlage für effiziente Arbeitsabläufe ist nicht die Anschaffung neuer Technik oder die Einstellung von mehr Personal. Es sind vor allem Arbeitsabläufe, deren Koordination und Kommunikation. Entsprechend wird deutlich, dass die herausgearbeiteten Themenfelder 1, 2 und 3 hier stark miteinander verknüpft sind.

Bedienen wir uns einem Beispiel aus der Industrie. In den meisten Betrieben ist es Standard, dass es für jeden Arbeitsprozess eine Tätigkeitsbeschreibung gibt. Hierdurch lassen sich Verantwortlichkeiten innerhalb des Ablaufs festlegen und es zeigt einem direkt auf, wo Absprachen fehlen oder sich Automatismen eingeschlichen haben, die sich vermeiden lassen oder Aufgaben dadurch mehrfach erledigt werden müssen.

Erst wenn man sich einen Überblick geschaffen hat ist es möglich zu schauen, wie digitale Technik weiterhelfen kann oder sogar neue Möglichkeiten aufzeigt.

Einer der wichtigsten Punkte ist hierbei eine offene und transparente Kommunikation. Dies gilt wie in so vielen Gebieten vor allem in der Implementation neuer Arbeitsschritte. Hier muss mit besonderer Führsorge und Nachsicht auf die Fragen jeder einzelnen Person eingegangen werden, da der Wissensstand jedes einzelnen stark variiert. Folgerichtig ist die Einführungsphase entscheidend, ob eine breite Akzeptanz herbeigeführt wird oder die intrinsische Motivation jedes einzelnen mit Nachdruck geweckt werden muss. Man merkt schnell, dass neue Prozesse und Arbeitsweisen niemals eindimensional vorgegeben werden sollten, sondern im Diskurs mit klarem Zeil stetig weiterentwickelt werden sollten.

Von Seiten des Gesetzgebers wurde Akteuren im Gesundheitswesen hier allerdings leider kaum ein Gefallen getan und Sie haben wenig Wahlmöglichkeit, in der Umsetzung digitaler Patientendokumentationen. Hier sind vor allem auch sicherheitsrelevante Aspekte von Belang. Daten sind Handelsware und von größtem legalem und illegalem Interesse. Neben Arbeitsabläufen sollte daher immer bedacht werden, wie diese geschützt werden.

„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Dieses bekannte Zitat von Paul Watzlawik ist ein perfekter Ausgangspunkt, um fehlenden Austausch oder ineffiziente Kommunikationswege aufzudecken und die Probleme, die sich hieraus entwickeln genauer zu beleuchten.

Wenn Abläufe nicht klar kommuniziert werden, nicht eindeutig geklärt ist, wer für was verantwortlich ist oder sich nicht an Absprachen gehalten wird, impliziert dies Missmut und bekommt schnell eine persönliche Ebene. Was ist damit gemeint?

Wenn sich nicht an Absprachen gehalten wird oder es nicht eindeutig geklärt ist, wer welche Aufgabenübernimmt und man sie sicherheitshalber wieder selbst erledigt entsteht Missmut. Dieser ist kurzfristig ausblendbar aber das Bild eines Schnellkochtopfes ist hier zweckdienlich. Sich ansammelnder Unmut ist vergleichbar mit dem steigenden Druck mit kochendem Wasser, das aus dem Gefäß zu entweichen versucht.

Wichtig ist daher auch für die Etablierung von neuen Prozessen und Arbeitsabläufen ein breites Commitment und der Wille transparent über Fehler und Optimierungsmöglichkeiten zu sprechen. Wenn Absprachen nicht eingehalten werden, sollte dies thematisiert werden können, nur dann haben neue Prozesse die Chance eine Zustimmung innerhalb des Praxisteams zu erfahren.

Die Zeit und der Patient

Wenn sich nicht an Absprachen gehalten wird ist dies nicht nur ärgerlich. Wenn zudem das Zeitmanagement der Praxis aus den Fugen gerät und Patienten hier aktiv mithelfen, indem Sie zu spät, unangekündigt oder unvorbereitet erscheinen, kann sich der Arbeitstag ewig in die Länge ziehen. Leider gibt es auch hier kein einfaches Allheilmittel, dass für jede Praxis zutreffend ist. Es ist vielmehr eine Vielzahl an kleinen Schrauben, die man in der Feinmechanik der Praxisorganisation verstellen kann, um in Summe das Ziel eines geordneten und effizienten Ablaufs in der Praxis zu gewährleisten.

Als Beispiel möchte ich den Aspekt der Patientenkommunikation herausgreifen. Hier gibt es die Möglichkeit (natürlich unter der Berücksichtigung der datenschutz- und regulatorischen Anforderungen an eine Praxis), Patienten über Messenger (wie bspw. Olmogo S3) sicher zu kontaktieren und an die Termine zu erinnern, Daten im Vorhinein auszutauschen und entsprechende Unterlagen sicher an Labore, Apotheken und den Patienten selbst zu versenden. Faxe, Mails, Briefe etc. sind häufig ein nicht zu unterschätzender Zeitfaktor, der in Summe mehrere Arbeitsstunden pro Woche benötigt.

Das Praxisteam

In der Umfrage stellte sich heraus, dass in 60% der Praxen mindestens eine personelle Änderung pro Jahr stattfindet. In über 30% sogar weit mehr. Dies hat zur Folge, dass Absprachen neu getroffen werden müssen, ein Team sich immer wieder neu finden muss und die einzelnen Arbeitsschritte, wie viele kleine Zahnräder in einem Uhrwerk, erst wieder neu sortiert werden müssen. Unabhängig ob Arbeitsabläufe festgelegt oder Tätigkeitsbeschreibungen bestehen, geht hier jedes Mal viel Wissen über die Praxisorganisation verloren. Im Besonderen, wenn von diesen Personen einzelne Aufgaben stillschweigend, manchmal schon seit Jahren, ausgeübt werden.

Es zeigt sich in der Praxis, dass viele der Stellschrauben von Praxen dann richtig erkannt und gemeinsam angegangen werden, wenn ein Praxisteam über Jahre zusammenarbeitet, offen über Neuerungen und Probleme diskutiert, einzelne unterstützt und ermutigt werden, die bspw. geringe IT-Erfahrung haben und in dem Chef und Team offen für neue Gestaltungen sind. Dies bedeutet nicht immer, dass alle neuen Dinge auf anhieb funktionieren oder stets den gewünschten Effekt haben aber solange man offen für neue Ideen ist und eine gewisse Fehlerkultur etabliert, findet man auf kurz oder lang die für die eigene Praxis richtigen Lösungen.