Das weltweit einzigartige duale Krankenversicherungssystem in Deutschland gibt Versicherten die Möglichkeit zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung zu wählen.
Doch für wen lohnt sich die Private Krankenversicherung (PKV) und stimmt es, dass die PKV mit günstigen Beiträgen lockt und nachher viel teurer wird?
Grundsätzlich ist es erstmal wichtig zu verstehen, ab wann man unter welchen Voraussetzungen die Möglichkeit besitzt, in die private Krankenversicherung zu wechseln. Hierfür ist bei Angestellten die Jahresarbeitsentgeltgrenze entscheidend, die häufig mit der Beitragsbemessungsgrenze verwechselt wird, da sich beide Werte zwar ähneln, allerdings nicht gleich sind.
Ein Wechsel in die PKV ist darüber hinaus möglich bei Aufnahme einer selbstständigen/freiberuflichen Tätigkeit z.B. als niedergelassener Zahnarzt.
Exkurs:
Beitragsbemessungsgrenze:
Die Beitragsbemessungsgrenze ist eine Rechengröße im deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie bestimmt, bis zu welchem Betrag das Arbeitsentgelt oder die Rente eines gesetzlich Versicherten für Beiträge der gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen wird. Der Teil des Einkommens, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht. (2023: 59.850€ monatl. 4.987,50€ Bruttoverdienst)
Versicherungspflichtgrenze
Die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), auch Versicherungspflichtgrenze, ist in Deutschland eine Sozialversicherungs-Rechengröße, die bestimmt, ab welcher Höhe des regelmäßigen jährlichen Arbeitsentgelts ein Arbeitnehmer nicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sein muss. (2023: 66.600€ monatl. 5.550€ Bruttoverdienst)
Wessen Angestellten-Einkommen also über 66.600€ pro Jahr liegt, hat die Möglichkeit in die private Krankenversicherung zu wechseln. Wichtig ist hierbei, dass es nicht, wie in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) üblich, einen annähernd übereinstimmenden Leistungskatalog gibt, sondern private Krankenversicherungen sehr individuell sind. Dies ist einer der eklatantesten Vorteile der privaten Krankenversicherung, da man nicht gezwungen ist, Leistungen abzusichern und diese nach dem Solidarprinzip über die Beiträge für andere mitzahlen muss, die man selbst als nicht relevant oder sogar unnütz erachtet.
Man besitzt also die Freiheit, das zu versichern, was einem wichtig ist und in vielen Bereichen Vorteile über den Regelleistungen zu genießen.
Einige vereinbare wichtige Vorzügen wären bspw. die freie Krankenhauswahl und (Chef-)Arztwahl oder eine 1/ 2 Bettzimmeroption.
Dieser Punkt leitet direkt über zu dem zweiten sehr wichtigen Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind maßgeblich von den Faktoren Alter, Leistungsumfang und der eigenen Gesundheit abhängig und nicht vom jeweiligen Einkommen.
Zusätzlich belohnen viele private Krankenversicherer Ihre Versicherten für einen gesunden Lebensstil bspw. durch Beitragsrückerstattungen, wenn man nicht zum Arzt muss oder Kleinigkeiten selbst bezahlt.
Doch wie ist das mit den Beitragssteigerungen mit zunehmendem Alter in der PKV?
Interessanterweise hat sich diesem Thema der PKV-Spitzenverband mit einer Kurzstudie gewidmet und aufgezeigt, dass die Beiträge in der GKV und der PKV ungefähr gleich angestiegen sind in den letzten Jahren. Bei genauerer Betrachtung die PKV sogar etwas besser abschneidet. Eine verzerrte Wahrnehmung kann darin begründet sein, dass durch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und der Zusatzbeiträge der prozentuale Schlüssel bei der GKV häufig nicht direkt auffällt.[1] Eine Empfehlung zur PKV wären zudem Beitragsentlastungstarife direkt mitzunutzen, um auch bei steigenden Kosten im Gesundheitswesen und im Tarif für Beitragssteigerungen auf der sicheren Seite zu sein.
Auf was sollte man noch achten?
Weitere wichtige Argumente, die zur Entscheidungsfindung mit in die Betrachtung mit aufgenommen werden sollten, sind die Themen kostenfreie Familienversicherung, Elternzeit etc..
Hier ist entscheidend, was Sie abgesichert haben möchten und wie Ihre persönliche Familienplanung aussieht. Wichtige allgemeine Bestandteile der GKV sind, dass Kinder kostenfrei in der Familienversicherung bis 25 Jahren kostenfrei mitversichert sein können und das Pflichtversicherte während der Elternzeit keine Beiträge zu entrichten haben für die gesetzliche Krankenversicherung. Hier lohnt es sich allerdings, diesen Satz erneut zu lesen, da es sich ausschließlich um Pflichtversicherte handelt. Sofern Sie freiwillig in der GKV sind und über 66.600€ verdienen haben Sie auch weiterhin Beiträge zu entrichten.
In der PKV hingegen kommt es, wie es die Einleitung vermuten lässt, auf den Tarif an. Einige Versicherungen bieten eine beitragsfreie Zeit während der Elternzeit an und dies sollte, sofern die Familienplanung anfängt oder in die nächste Runde geht, durchaus bei der Auswahl des Tarifes mit in Betrachtung gezogen werden.
Auch steuerlich gibt es einige interessante Aspekte, die mit in Betracht gezogen werden sollten. Ein Beispiel: Die Kosten zur privaten Krankenversicherung lassen sich zu 80% als Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Hiermit werden auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung ein Großteil der Sonderausgaben ausgeschöpft und es bleibt kein Spielraum für anderweitige Versicherungen.
Einige private Krankenversicherungen lassen sich aber darauf ein, dass man den PKV Beitrag für mehrere Jahre im Voraus zahlt. Diese Beiträge sind steuerlich in einem Jahr zu ca. 80% anrechnungsfähig, bieten aber in den Folgejahren den Platz für andere Vorsorgeaufwendungen. Hierdurch lassen sich mehrere hundert Euro im Jahr sparen. Dieser Abschnitt dient zur Veranschaulichung von Gestaltungsmöglichkeiten. Individuell können sich hier viele Möglichkeiten bieten, daher ist das Gespräch mit dem Steuerberater unabdingbar.
Bei der Entscheidung, ob man in die PKV wechseln möchte und wenn ja in welchen Tarif, ist von vielen Faktoren abhängig. Die Empfehlung ist daher, sich unabhängig von einem Versicherungsmakler im Zusammenspiel mit dem Steuerberater über die Vor- und Nachteile aufklären zu lassen und die Entscheidung langfristig zu sehen.
[1] Genauere Infos finden Sie unter dem Stichwort: „Entwicklung der Prämien- und Beitragseinnahmen in PKV und GKV 2013-2023“ des Wissenschaftliches Institut der PKV