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Fachkräftemangel – ein Problem, dass viele Arbeitgeber seit einigen Jahren kennen. Motivierte und vor allem qualifizierte Mitarbeiter zu finden, gestaltet sich schwierig. Immer mehr sozialverantwortliche Zahnärzte/Ärzte bieten als Mittel der Mitarbeiterbindung und als Zeichen der Wertschätzung ihres Praxisteams eine betriebliche Altersversorgung (bAV) an.

Die Integration einer betrieblichen Altersversorgung ist jedoch bei richtiger Handhabe beratungsintensiver als häufig angenommen. Ihr Vorteil besteht vor allem in der Ansparphase, also in der Zeit, in der die Angestellten über den Arbeitgeber in die Versicherung einzahlen. Unabhängig davon, ob vom eigenen Gehalt oder durch den Arbeitgeber finanziert, werden die Beiträge vor Steuern und Sozialabgaben abgeführt und somit aus dem Bruttogehalt bezahlt, so kann ein höherer Anlagebetrag mit Zins und Zinseszins angespart werden, als dies für ZFA/MFA vom Nettogehalt möglich wäre. In der Leistungsphase besteht eine Beitragspflicht zur Krankenversicherung und die Versteuerung in der Rentenphase erfolgt mit einem voraussichtlich niedrigeren Steuersatz.

Die betriebliche Altersversorgung bietet verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung:

  • lebenslange garantierte Renten
  • Kapitalabfindung
  • Hinterbliebenenversorgung
  • Kombiprodukten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen

Hierbei ist wichtig, dass grundsätzlich jeder Arbeitnehmer ein Recht auf eine betriebliche Altersvorsorge hat – die Entscheidung, wie diese ausgestaltet wird, liegt allerdings allein beim Arbeitgeber.

Steuer und Sozialversicherung:

Steuerfrei bleibt die betriebliche Altersvorsorge für den Arbeitnehmer in der Ansparphase, solange die Beiträge 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen. 2021 beträgt der steuerfreie Höchstbetrag in der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung 6.816 Euro (= 85.200 Euro x 8 Prozent; maximaler Förderrahmen nach § 3 Nr. 63 EStG), Sozialversicherungsfrei gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV beträgt der Höchstbetrag 3.408 Euro (= 85.200 Euro x 4 Prozent)

Arbeitsrechtliche Grundlagen:

Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) regelt die arbeitsrechtlichen Grundlagen der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Hierbei regelt der §1a des BetrAVG den Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung.

Von den 5 möglichen Durchführungswegen der bAV kommen in Arztpraxen in der Regel die Direktversicherung, und die Pensionskasse Betracht. 

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Wahlrecht des Arbeitgebers:

Den Durchführungsweg sowie die Produktauswahl trifft allein der Praxisinhaber als Arbeitgeber für seine Angestellten.

 Verantwortung;

Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

Tipp für die Praxis:

Eine sorgsame Anbieterauswahl sowie die richtige Implementierung des Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte daher über eine Versorgungszusage geregelt werden.

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Betriebliche Altersversorgung und Tarifverträge

Neben eines verpflichtenden bAV Angebotes zur Entgeltumwandlung vom Arbeitgeber oder einer freiwilligen arbeitgeberfinanzierten bAV trat zum 1. April 2008 der neue „Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung“ für das Personal in Arztpraxen in Kraft.

Der Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung gilt für Zahnmedizinische Fachangestellte/Zahnarzthelferinnen in Hamburg, Hessen, im Saarland, Landesteil Westfalen-Lippe

Der Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung ist verbindlich, wenn der Arbeitgeber Mitglied der AAA ist und die ZFA/MFA Mitglied im Verband medizinischer Fachberufe ist.

Der „Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung“ sieht u.a. einen Arbeitgeberbeitrag für die betriebliche Altersversorgung vor. Steuern ZFA / MFA aus ihrem Bruttogehalt selbst noch einen freiwilligen Betrag bei, dann erhalten sie darauf noch einen Zuschuss des Arbeitgebers in Höhe von 20 Prozent, mindestens aber zehn Euro monatlich.

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AAA = Die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten

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Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung

Die Direktversicherung ist in Arztpraxen am weitesten verbreitet, da sich der Verwaltungsaufwand in Grenzen hält. Es handelt sich hierbei entweder um eine Kapital- oder Risikolebensversicherung, eine Rentenversicherung, eine Berufsunfähigkeitsrentenversicherung oder um einen fondsbasierten Tarif.

Zum Laufzeitende / Rentenalter gibt es – je nach Wahl – entweder eine lebenslange Rente oder einmalig das angesparte Kapital als Auszahlung. Die Rentenansprüche werden im Versorgungsfall direkt an den Arbeitnehmer bzw. seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen ausgezahlt.

Pensionskasse

Der Arbeitgeber sagt seinen Arbeitnehmer/innen Versorgungsleistungen über eine Pensionskasse zu.

Der Arbeitnehmer hat gegenüber der Pensionskasse einen Rechtsanspruch auf die zugesagten Leistungen. Diese werden im Versorgungsfall direkt an den Arbeitnehmer bzw. seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen ausgezahlt.

Aus der Praxis – Run off eines Anbieters – Hinweise zur Haftung:

Die vom AAA und vom VMF bei Einführung im Jahr 2008 empfohlene Pro bAV Pensionskasse AG von der Deutschen Ärzteversicherung ist im Jahr 2018 von der Muttergesellschaft AXA an die Frankfurter Leben Gruppe als Abwicklungsgesellschaft verkauft worden und wird hierüber „abgewickelt“.

Ein sogenannter „Run Off“.

Eigentümer der Frankfurter Leben Gruppe ist Fosun, ein chinesischer Investor mit Sitz in Hong Kong.

Das Neugeschäft über die Pro bAV Pensionskasse AG wurde eingestellt.

Für Kunden der Abwicklungsgesellschaften gibt es einige Risiken, sagt Prof. Hermann Weinmann. „Man kann sich aber schon fragen: Wenn es der bisherige Eigentümer nicht geschafft hat, ein ertragsschwaches Unternehmen zu sanieren, wie soll es die Run Off Gesellschaft schaffen?

Arbeitsrechtlich haftet hier der Zahnarzt/Arzt als Arbeitgeber für die Erfüllung der im Rahmen der bAV gegebenen Versorgungszusagen!

Weitere Haftungsfallen für den Zahnarzt/ Arzt als Arbeitgeber:

Den meisten Arbeitgebern sind die potenziellen Haftungsfallen nicht bewusst und vor dem Hintergrund, dass sie ihren Angestellten etwas Gutes tun möchten, ist es auch nur schwer zu erahnen, dass sich aus einer Geste der Anerkennung ein strategisches Risiko entwickeln kann. Unter anderem sollten Praxisinhaber als Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung beachten:

  1. Arbeitgeber haften für die von ihnen zugesagten Versorgungszusagen, das gilt auch bei der Übernahme bestehender Versorgungszusagen. Selbst dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Entgeltumwandlung arbeitnehmerfinanziert ist.
  2. Arbeitgeber haften für die Gleichbehandlung der Angestellten bei der betrieblichen Altersversorgung. Bei unterschiedlichen Beitragshöhen, Rentengarantiezeiten, Hinterbliebenenversorgungen, Berufsunfähigkeitsabsicherungen… können „benachteiligte“ Arbeitnehmer sowie deren Erben nachträglich eine Angleichung verlangen.
  3. Reichen die Leistungen der abgeschlossenen Versicherungsverträge für die zugesagten Leistungen nicht aus, haften Arbeitgeber für die Leistungen der abgeschlossenen Zusagen und müssen dann eigenständig dafür aufkommen.
  4. Das Betriebliche Altersversorgungsgesetz (BetrAVG) ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz und verlangt einige operative und verwaltungstechnisch saubere Prozesse, die vor, während und nach der Versorgungszusage einzuhalten sind.
  5. Bei einer neuen arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandung sind Arbeitgeber zusätzlich durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) dazu verpflichtet, diese mit einem anzurechnenden Arbeitgeberanteil von 15 % zu fördern. Dies gilt ab 2022 auch für Altzusagen.
  6. Missachtung neuer Regeln bei Ausscheiden einer Mitarbeiterin kann teuer werden

Verlässt eine Mitarbeiterin die Praxis zahlt die Praxis keine Beiträge mehr für die bAV ein und der Vertrag wird auf die Mitarbeiterin oder deren neuen Arbeitgeber übertragen. Durch die versicherungsförmige Übertragung innerhalb der ersten 3 Monate nach Ausscheiden ist die unverfallbare Anwartschaft auf die beitragsfreie Leistung beschränkt. Wird die Frist von 3 Monaten versäumt, wird der Versorgungsanspruch auf der Grundlage der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmerin berechnet. Das kann zu einem erheblichen Differenzanspruch zur beitragsfreien Versicherungsleistung führen, für den der Arbeitgeber einstehen muss.

Trotz der aufgeführten Risiken für Arbeitgeber ist es mit der richtigen Vorbereitung und Sachkunde ein wichtiges Werkzeug zur Gestaltung der Arbeitgebermarke, zur Positionierung auf dem Arbeitsmarkt, der Wertschätzung für seine Mitarbeiter/innen und ein besonderer Mehrwert für Angestellte. 

Empfehlung für eine bAV Durchführung in der Praxis:

Einheitliche Versorgungsordnung:

Wichtig für den Arzt als Arbeitgeber ist eine einheitliche arbeitsrechtliche Versorgungsordnung für seine Angestellten, die die Haftungsrisiken für den Arbeitgeber minimiert.

Zum Beispiel durch eine BOLZ (beitragsorientierte Leistungszusage) oder einer BZML (Beitragszusage mit Mindestleistung)

Ebenso ist eine sorgsame Anbieter- und Produktauswahl wichtig. Sollte doch der Produktpartner auch morgen noch am Markt sein und seinen zukünftigen Verpflichtungen nachkommen können.

Fazit:

Vor der Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung für die Arbeitnehmer/innen ist eine umfassende Beratung aus steuerlicher, arbeitsrechtlicher und versicherungstechnischer Hinsicht dringend anzuraten.

Empfehlenswert ist daher bei einer bereits bestehenden betriebliche Altersvorsorge, diese, vor dem Hintergrund der oben genannten Punkte, auf den Prüfstand zu stellen.

Wir – Ihre Steuerberater und die auxmed stehen Ihnen dabei gerne beratend zur Seite.