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Der Fachkräftemangel ist nicht nur in aller Munde, viele bekommen ihn bei der Suche nach qualifizierten und motivierten Mitarbeitern tagtäglich zu spüren. Zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes, als Mittel der Mitarbeiterbindung und vor allem als wohlwollendes Dankeschön und eine Form der Wertschätzung des eigenen Teams bieten Zahnarztpraxen ihren ZFA eine betriebliche Altersversorgung und Krankenversorgung an. Aufgrund der niedrigen gesetzlichen Rentenansprüche der ZFA eine sinnvolle und nachhaltige Entscheidung über die Beschäftigung in der eigenen Praxis hinaus. Die Integration einer betrieblichen Altersvorsorge ist allerdings bei richtiger Handhabe beratungsintensiver als häufig angenommen.

Allgemeines:

Der Vorteil der betrieblichen Altersvorsorge besteht vor allem in der Ansparphase, also in der Zeit, in der ihre Angestellten über sie als Arbeitgeber (AG) in die Versicherung einzahlen. Unabhängig, ob vom eigenen Gehalt oder durch den Arbeitgeber finanziert, werden die Beiträge vor Steuern und Sozialabgaben abgeführt und somit aus dem Bruttogehalt bezahlt.  Das hat den Vorteil, dass ein höherer Anlagebetrag mit Zins und Zinseszins angespart werden kann, als dies für Ihre ZFA von ihrem Nettogehalt in der Regel möglich wäre. Die Versteuerung in der Rentenphase erfolgt dann mit einem voraussichtlich niedrigeren Steuersatz und ggf. Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung.

Die betriebliche Altersversorgung bietet verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung. Von lebenslangen garantierten Renten, Kapitalabfindung, Hinterbliebenenversorgung bis hin zu Kombiprodukten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen bestehen viele Alternativen. Die Auswahl treffen Sie als Arbeitgeber und geben als Versicherungsnehmer einen Durchführungsweg vor. Die Auswahl sei hier wohl überlegt, da einige Überlegungen im Vorhinein zu treffen sind.

Welche Haftungsfallen können für Zahnärzte entstehen?

Den meisten Arbeitgebern sind die potentiellen Haftungsfallen nicht bewusst und vor dem Hintergrund, dass Sie Ihren Angestellten etwas Gutes tun möchten, ist es auch nur schwer zu erahnen, dass sich aus einer Geste der Anerkennung und Wertschätzung ein strategisches Risiko entwickeln kann. Dieser Artikel soll dabei ein erster Denkanstoß sein und verfolgt die Intention zur Sensibilisierung beizutragen und auf haftungsrelevante Themen aufmerksam zu machen.

Ein erster Überblick:

  1. Der AG haftet für die von ihm zugesagten arbeitsrechtlichen Versorgungszusagen auch bei der Übernahme bestehender Versorgungszusagen. Sogar auch dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Entgeltumwandlung arbeitnehmerfinanziert ist.
  2. Der AG haftet für die Gleichbehandlung der Angestellten bei der betrieblichen Altersversorgung. Bei unterschiedlichen Beitragshöhen, Rentengarantiezeiten, Hinterbliebenenversorgungen, Berufsunfähigkeitsabsicherungen… können „benachteiligte“ Arbeitnehmer/innen sowie Erben nachträglich eine Angleichung verlangen.
  3. Reichen die Leistungen der abgeschlossenen Versicherungsverträge für die zugesagten Leistungen nicht aus, haftet der Arbeitgeber arbeitsrechtlich für die Leistungen aus den abgeschlossenen Zusagen (bspw. der lebenslangen Rente) und muss eigenständig dafür aufkommen.
  4. Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz und verlangt einige operative und verwaltungstechnisch saubere Prozesse, die während, vor und nach der Versorgungszusage einzuhalten sind.
  5. Bei einer neuen arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandung sind sie zusätzlich verpflichtet, diese mit einem anzurechnenden Arbeitgeberanteil von 15% zu fördern. Dies gilt auch für Altzusagen ab 2022
  6. Trotz Entgeltumwandlung und aktiver arbeitnehmerseitiger Beteiligung an den Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung (bAV), darf der ausgezahlte Lohn nicht unter den gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn fallen.
  7. ….

Trotz der obigen skizzierten Gefahrenpotentiale ist es mit der richtigen Vorbereitung und Sachkunde ein wertvolles Werkzeug zur Gestaltung der Arbeitgebermarke, zur Positionierung auf dem Arbeitsmarkt und ein besonderer Mehrwert für Angestellte. Mit der klugen Auswahl von Versicherungen, die nicht wie in der kürzlichen Vergangenheit geschehen, aufgrund Ihrer Beschaffenheit Verkaufsoptionen der Versicherungsbestände (Stichwort: Run-Off; siehe Erläuterung im Exkurs) zulassen.  Mit der Analyse bereits bestehender Verträge beschreitet man den ersten Schritt in die richtige Richtung vor.

Wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden treffen sie häufig auf bestehende Altersvorsorgemodelle, die viele einfach übernehmen, ohne sich der Risiken und der Haftungsübernahme für etwaige Garantien bewusst zu sein.

Kleiner Tipp: Wenn Sie den Überblick verloren haben, schauen Sie in die Lohnabrechnungen Ihrer Mitarbeiter. Aus den einzelnen Abrechnungen ist ersichtlich, wer welche bAV bezieht. Zusätzlich sollten Sie kontrollieren, ob Sie eine einheitliche Versorgungsordnung für Ihre Praxis besitzen.

Eine Versorgungsordnung legt fest inwieweit und in welchem Umfang Arbeitnehmer im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge und betrieblichen Krankenversicherung im Unternehmen partizipieren können. Hier werden die entsprechenden Durchführungswege definiert und aufgezeigt.

Diese sollte in enger Kooperation zwischen einem fachkundigen Juristen und einem qualifizierten und erfahrenen bAV-Berater erarbeitet werden, sodass Sie Ihren Mitarbeitern verantwortungsbewusst einen Baustein zur Altersvorsorge bieten können und  Sie im späteren Verlauf kein böses Erwachen erwartet.

Diese Vorgehensweise minimiert neben haftungsrelevanten Themen die Bürokratie in ihrer Praxis, entlastet die Buchhaltung und fördert die Transparenz in der Arbeitgeber-Arbeitnehmer Kommunikation. Mit anderen Worten reduziert man so die Lautstärke des Flurfunks und dass sich vielleicht einzelne Mitarbeiter benachteiligt fühlen.

Exkurs: Run-off

Unter dem Begriff „Run-off“ bekamen einige Pensionskassen, auch im Hinblick auf medizinische Fachangestellte eine zynische Popularität, u.a. mit dem Verkauf einer Pensionskasse an einen außereuropäischen Investor.

 U.a.  begründet mit der aktuellen Niedrigzinsphase und regulatorischer Vorschriften, stellten einige Versicherer ihr Neugeschäft ein und verkauften in den letzten Jahren Ihre Bestände in so genannte Run OffAbwicklungsgesellschaften. Hier ist ein Interview mit Herrn Prof. Hermann Weinmann aus der Finanztest 11/2017 lesenswert, der ausführt:

Man kann sich aber schon fragen: Wenn es der bisherige Eigentümer nicht geschafft hat, ein ertragsschwaches Unternehmen zu sanieren, wie soll es die Run Off Gesellschaft schaffen?

Die Haftungspotentiale für Arbeitgeber, die sich hieraus in der Leistungsphase ergeben können, sind nur schwer prognostizierbar. Es lässt sich hier nur festhalten, dass in der Regel der Arbeitgeber für Versorgungslücken in der Leistungsphase aufkommen muss.

Handlungsempfehlungen bei bestehenden Versorgungskonzepten und Übernahmen von Verträgen!

Die betriebliche Altersvorsorge ist ein wichtiger und aufgrund der geringen zu erwartenden gesetzlichen Renten, ein unabdingbarer Baustein für die private Vorsorge und eine Minimierung des Altersarmutsrisikos.

Bei bestehenden Verträgen sollte man prüfen, ob man im grünen Bereich ist oder Handlungsbedarf besteht. Hier empfiehlt sich die kostenlose Erstberatung für Mitglieder des FVDZ durch den Kooperationspartner auxmed und die FVDZ-Mitgliederrechtsberatung, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen.